Hermann "Weltmaier" 1912-1996



Stuttgart 2009

Hermann Maier war Schreinermeister, Erfinder, Visionär, Unternehmensberater, Entwicklungshelfer, Lobbyist des Handwerks und der Holzbearbeitungsmaschinenindustrie. Der schwäbische Schreinermeister und Tüftler war über die Fachkreise der Schreiner hinaus schnell als "Welt-Maier" und "Patent-Maier" bekannt.

 

I. JUGEND UND FRÜHER BERUFLICHER WERDEGANG

 

Hermann Maier wurde am 27.4.1912, als ältester Sohn der Familie Maier, in Stuttgart geboren. Zwei Jahre zuvor hatte sein Vater, Hermann Maier sen., eine Kunstschreinerei in Stuttgart gegründet. Die Schreinerei hatte viele Aufträge und profitierte vom großen Fachwissen und den Kunstfertigkeiten des Gründers. Hermann Maier sen. hatte beides bei dem berühmten Bernhard Pankok an der Kunstgewerbeschule Stuttgart erworben. 1914 wurde der Vater zum Kriegsdienst eingezogen (3). Nach Kriegsende wurde der Schreinereibetrieb in Stuttgart wieder aufgenommen, nachdem Hermann Maier jun. (H.M.), mit seiner Mutter Friedericke und den drei Geschwistern aus Rosenfeld zurückgekehrt war.

Dort verbrachte H.M. das erste Schuljahr und hatte, zurück in Stuttgart, große Schwierigkeiten mit seinem "Albschwäbisch" (4). Die Auftragslage der Schreinerei war nicht mehr dieselbe wie zuvor, es gab wesentlich weniger Aufträge, zudem kamen die wirt-schaftlichen Probleme der Inflation hinzu. H.M. besuchte die Falkertschule in Stuttgart und schloss seine Schullaufbahn in der Schlossmittelschule 1927 mit der Mittleren Reife ab.

H.M., Hermann Maier sen., unbekannter Geselle und Lehrling Adam Lang vor der alten Schreinerei
Zerstörte Schreinerei 1945
Wiederaufgebaute Schreinerei 1947

Danach trat er als Lehrling in den väterlichen Betrieb ein, eigentlich mit Widerwillen, denn sein innigster Wunsch wäre es gewesen, Geschichtsprofessor zu werden (5), dies betonte er später immer wieder. 1931 legte er seine Gesellenprüfung ab. Er wurde zusammen mit 40 anderen geprüft; keiner - außer ihm - stand nach der Prüfung in einem festen Arbeitsverhältnis. In dieser Zeit, in der es wenig Aufträge gab, besuchte er abends dreimal pro Woche die Volkshochschule. Er belegte Kurse im Zeichnen von Möbeln, Landschaften, Innenausbauten und Portraits, aber auch deutsche Lyrik, Englisch und Graphologie. Tagsüber verbrachte er seine Zeit häufig im Lesesaal des Landesgewerbeamtes, wo ihn insbesondere Patentschriften interessierten. Zudem legte er noch die kaufmännische Gehilfenprüfung ab. 1932 besuchte er die Fachhochschule für das Holzgewerbe und drei Jahre später bestand er die Meisterprüfung (6).

1936 trat er den Wehrdienst an, und wurde 1939 kurz vor Kriegsausbruch erneut eingezogen. Während des 2.Weltkrieges stieg er zum Leutnant auf. Ihm wurde dies, wie er später selbst meinte, durch sein zeichnerisches und handwerkliches Können ermöglicht. 1945 geriet er bei Lienz in Österreich in amerikanische Gefangenschaft und wurde kurz nach Kriegsende entlassen.

Im Krieg hatte H.M. seine beiden Brüder Paul und Walter verloren. Die Schreinerei und das dazugehörige Wohnhaus im Stuttgarter Westen waren durch Bombenangriffe völlig zerstört worden. Im September 1945 heiratete er Hedwig Kübler, sie entstammte einer Bauunternehmerfamilie aus Unterheinriet bei Heilbronn.

Danach wurde mit dem Wiederaufbau begonnen, die Maiers erfuhren viel Unterstützung von Verwandten und Freunden. Handwerkszeug, das aus dem Schutt geborgen wurde, brachten sie zum Schlosser, der die wertvollen Funde wieder instand setzte. Es war ihnen des weiteren möglich, eine Kreissäge und eine Hobelmaschine zu retten.

Während des Wiederaufbaus musste auch der erste Lehrling, Ernst Winter, mithelfen. H.M. war mit der Bauleitung betraut, Hedwig befasste sich mit der Bürokratie und besorgte die Gänge zu den Ämtern, obwohl sie hochschwanger war. Man schickte sie nicht ohne Absicht, da die Maiers vermuteten, dass sie in ihrem Zustand schneller an die Reihe käme. Laut Ernst Winter erreichte sie sehr viel für den Wiederaufbau der Firma. Der frühere Chefgeselle, Adam Lang d.Ä., kam bald wieder aus der Gefangenschaft zurück und half ebenso beim Wiederaufbau. Der Handwerksbetrieb lief während dessen weiter (7).

Der alte Meister, Hermann Maier sen., machte fast alles selbst, das Entwerfen, das Zuschneiden und so weiter. Er galt als leicht reizbar, besonders im Winter, da die Schreinerei während der ersten Jahre keine Heizung hatte. Seine Möbel waren schlichte Schönheiten und "sahen nie nach Notzeiten aus" (8). Er war sehr schwierig und beherrschend, aber ein hochtalentierter Kunsthandwerker.

H.M. hielt den Betrieb am Laufen, er investierte viel Zeit in die Betriebstechnik und beschäftigte sich mit den Maschinen. Der Senior war der Ansicht, dass es besser sei, auf Handarbeit zu setzen, da das Produkt dann wertvoller und besser bearbeitet wäre.

Diese Meinungsverschiedenheit führte zu vielen Konflikten zwischen Vater und Sohn im Betrieb, die oft heftig ausgetragen wurden, wenn z.B. H.M. aus Rationalisierungsgründen auf die maschinelle Bearbeitung setzte (9).

1953 starb der Vater, Hermann Maier sen. und H.M übernahm die Schreinerei.

Maschinenraum in der wiederaufgebauten Schreinerei

H.M. schätzte das Können seines Vaters, doch sah er auch, dass der Betrieb in seiner Form veraltet war. Dies war ihm schon früher aufgefallen und er hegte schon lange den Wunsch, den Betrieb zu modernisieren. Deshalb verbrachte er vor dem Krieg viel Zeit in der technischen Bibliothek des Landesgewerbeamtes (LGA) und studierte Bücher über Rationalisierung. Daraus entwickelte er Ideen für den Familienbetrieb, diese Tätigkeit war durch seinen Militärdienst unterbrochen worden (10).

Nach dem Tod seines Vaters nahm H.M. diese Ideen wieder auf und wandte sich an die Holzbearbeitungsmaschinenindustrie. Die Firmen nahmen die Anregungen zur Kenntnis, handelten aber nicht. H.M. befürchtete, dass "sein Handwerk" durch die Konkurrenz der industriell produzierenden Möbelfirmen an Bedeutung verlieren würde. Die Qualität der industriell produzierten Möbel hatte sich inzwischen stark verbessert. Er sah eine Gefahr darin, dass das Schreinerhandwerk zu einem Reparaturhandwerk verkommen könnte, wie vergleichsweise das Schuhmacherhandwerk (11).

Die Situation des Schreinerhandwerks nach dem Krieg war schlecht, es gab viele kleine Betriebe, die hauptsächlich mit wenig Maschineneinsatz arbeiteten. Der Lohn eines Schreinergesellen lag unter dem eines unqualifizierten Industriearbeiters. Trotzdem waren die Produkte durch die zeitintensive Handarbeit sehr teuer (12).

3) H.M., "Reisen, Entwicklung, Innovationen für das Schreinerhandwerk Mai 4", unveröff., Archiv Maier
4) mit Elisabeth Schweizer-Maier, 18.01.2009
5) I. mit Hedwig Maier, 20.12.2008
6) H.M., "Reisen, Entwicklungen, Innovationen für das Schreinerhandwerk Mai 4", Jahr unbekannt, Archiv Maier
7) Ernst Winter , "Erinnerungen an die Ausbildung", Archiv Maier
8) Ernst Winter , "Erinnerungen an die Ausbildung", Archiv Maier
9) Ernst Winter , "Erinnerungen an die Ausbildung", Archiv Maier
10) H.M., "Reisen, Entwicklung, Innovationen für das Schreinerhandwerk Mai 6", unveröff., Jahr unbekannt, Archiv Maier
11) H.M., "Reisen, Entwicklung, Innovationen für das Schreinerhandwerk Mai 6", unveröff., Jahr unbekannt, Archiv Maier
12) I. mit Ursula Maier, 18.01.2009
Füge-und Feinschnittmaschine C.F.Scheer

II. STUTTGARTER ARBEITSKREIS SCHREINERMEISTER

Die Situation des Schreinerhandwerks in der Nachkriegszeit war gekennzeichnet durch einen großen Rationalisierungsbedarf, den Hermann Maier erkannte.
Da H.M. bei den Firmen mit dem Vorschlag, auf das Schreinerhandwerk ausgerichtete Maschinen zu produzieren, auf taube Ohren gestoßen war, wandte er sich an das Landesgewerbeamt. Dort hatte er früher schon sehr viel Zeit mit dem Lesen von Patentschriften verbracht. Regierungsrat Walter Keitel des Landesgewerbeamtes (LGA) schlug ihm vor, einen Arbeitskreis (AK) mit anderen jungen Kollegen zu bilden, und somit als "Stimme des Handwerks" die Industrie auf ihre Bedürfnisse hin anzusprechen und sich so besser Gehör zu verschaffen. 1954 gründete H.M. mit anderen Kollegen den Stuttgarter Arbeitskreis Schreinermeister e.V. (13).
Auf Walter Keitels Initiative hin wurden Ende 1953 schon Gespräche zur Bildung eines AK geführt, am 13.11.1954 kam es dann zur Gründungsversammlung (14). Beteiligt daran waren Schreinermeister aus Stuttgart: Hermann Maier, Gotthold Kirschmann, Friedrich Ziegler, Theodor Kaiser, A. Salver, Max Schmohl, W. Kraetz.
Zudem kamen noch hinzu: Hermann Brachhold aus Wildbad, E. Regele aus Ludwigsburg, Eugen Weller aus Backnang, Wilhelm Lauber aus Schwäbisch Gmünd, Alfred Truckses aus Hochdorf und Herr Kuhnert aus Pfullingen (15).
Am 11. Dezember des selben Jahres verabschiedete der AK eine Satzung, in der nochmals die Zielsetzung des gemeinnützigen Vereins benannt wurde:

"§1...Die Mitglieder des Arbeitskreises treten zu regelmäßigen Sitzungen zusammen, um gemeinsame Betriebsprobleme unter Einschluss aller Funktionen u. Vorgänge des betriebstechnischen u. betriebswirtschaftlichen Geschehens in Schreinerbetrieben zu erkennen, darüber zu beraten u. sie, soweit wie möglich, praktischen Lösungen zuzuführen, mit dem Ziel, der Hebung der Leistung in allen Betrieben des Schreinerhandwerks beizutragen." (16)

Der gewählte Vorstand bestand aus dem 1. Vorsitzenden Hermann Maier, dem 2. Vorsitzenden Eugen Weller, dem Schriftführer Wilhelm Lauber, dem Kassier Gotthold Kirschmann und dem Buchführer Hermann Brachhold. Die Mitgliederzahl des AK wurde auf 15 begrenzt.
Das erste Projekt, dem sich der AK widmete, wurde ein großer Erfolg: die Füge- und Feinschnittmaschine.
Eine Maschine für die industrielle Produktion, die auch diese Funktionen bediente, war schon 1954 erhältlich. Sie war schwerer, sperriger und daher ungeeignet für das Handwerk. Solche Maschinen kosteten zu dem damaligen Zeitpunkt 14.000 DM - die vergleichbare, vom AK entwickelte Maschine, kostete gerade mal 1.000 DM. Die Füge- und Feinschnittmaschine wurde zu Tausenden bei der Firma Scheer produziert. Die ursprüngliche Idee dazu stammte von H.M., schon bevor der AK existierte (17). Sie ermöglichte das fugendichte und splitterfreie Sägen von Furnieren oder Platten, Nacharbeiten waren dadurch nicht mehr notwendig, Streifenschnitte waren nun einfacher zu handhaben als zuvor. Diese Maschine wurde noch bis vor kurzem produziert (18).
Auch die Konzeption der vertikalen Plattensäge stammte vom Stuttgarter Arbeitskreis Schreinermeister. Bis 1983 wurden über 20.000 vertikale Plattensägen allein in der BRD verkauft (19,20).
Eine weitere Innovation war das Rundschloss. Zuvor waren die Schlösser eckig. Die neuen runden Schlösser waren schneller in Türen einzubauen, damit brauchte man gerade noch eine Minute, mit den eckigen Schlösser benötigte man zuvor 40 Minuten (21).
Dies sind einige Beispiele von zahlreichen Innovationen, die der AK auf den Weg brachte, wobei H.M. immer als Motor des AK galt und die meisten Innovation auf seine Ideen zurückzuführen sind (22).
H.M. dominierte den AK auf eine "liebenswerte Weise", alle Mitglieder standen meistens hinter ihm, bis auf Wilhelm Lauber. Oft wurde H.M. auch als der "Vater" des AK bezeichnet. Karin Haarer meinte zur Einstellung von H.M. zum AK, er sei wie sein "erstes Kind" gewesen (23). Auch gab ihm dieser die Möglichkeit, dem Alltag der Schreinerei zu entfliehen und anderen Tätigkeiten nach zugehen (24).
Auch wenn viele Innovationen auf H.M. zurückgingen, bearbeitete er sie nicht selbst weiter. Der Arbeitkreis funktionierte nach dem "Patenschafts" - Prinzip, d.h. ein Problem wurde festgestellt, ein Lösungsvorschlag vorgelegt - meistens entstammte beides einer Idee von Hermann Maier - die Ausarbeitung wurde dann einem Mitglied des AK, dem sogenannten Paten, übergeben.
Neben H.M. waren weitere wichtige Persönlichkeiten des AK, die den Erfolg ermöglichten, die Vorstandsmitglieder Gotthold Kirschmann, Hermann Brachhold und Wilhelm Lauber.
Gotthold Kirschmann war uneigennützig, die Satzung des Vereins stammte wahrscheinlich aus seiner Feder. Hermann Brachhold war eigentlich gelernter Bankier, musste dann aber den väterlichen Schreinerbetrieb übernehmen; er war bekannt für seine akkurate Buchhaltung.
Wilhelm Lauber engagierte sich intensiv im AK, doch er hatte das Bedürfnis, sich selbst in den Vordergrund zu drängen und versuchte oft, H.M. den Rang abzulaufen. Sein Geltungsbedürfnis wurde von anderen als "peinlich" empfunden (25). Trotzdem waren seine Verdienste zahlreich, er übernahm mindestens neun bekannte Patenschaften (26).
Die Firmen, die holzbearbeitende Maschinen herstellten, profitierten viel von den Innovationen des AK, der die Bedürfnisse der Schreiner durch seine Mitglieder sehr genau kannte. Bis auf vergleichsweise geringe finanzielle Beteiligungen an den Patenten arbeiteten die Mitglieder ehrenamtlich. Der Verein bekam nur sehr wenige finanzielle Zuwendungen von der Maschinenindustrie. Dies passte aber zu der Zielsetzung des AK, das Schreinerhandwerk davor zu bewahren, zu einem Reparaturhandwerk herabzusinken und den Rationalisierungsprozess innerhalb des Handwerks voranzutreiben. Zu den Firmen, die von der Arbeit des AK profitierten gehörten, Unternehmen wie Holz-Her (aufgeführt als Familie Reich), Scheer, Bürkle, Fritz, Kölle, Festo (Stoll) usw... (27). Einige dieser Firmen sind heute Weltmarktführer und stellen immer noch die vom AK konzipierten Maschinen als moderne Versionen her. Beispiele hierfür sind die Furnierpresse der Firma Bürkle, die Kantenleimmaschine sowie die vertikale Plattenaufteilsäge, beide aus der Produktpalette von Holz-Her Reich (28).
Folgende Innovationen brachte der AK auf den Weg:
Kantenschleifmaschine, heizbare Furnierpresse, Korpuspresse, Breitbandschleifmaschine, Holzbrikettiermaschine, Lackgießmaschine, Kantenleimmaschine, Stanze für Langholz-furnier, Fräsmaschine, Kantenfräsmaschine, Zinkenfräse, automatische Leimauftragsmaschine; Zeichenmaschine, Werkzeugkoffer, Messkoffer, maschinelle Verbindungstechniken, hängende Kabelrolle und Absaugungsvorrichtung, des weiteren arbeitstechnische Verbesserungen an der Hobelbank (29).

Vertikale Plattensäge von Holz-Her
Der Arbeitskreis auf dem Weg nach Israel 1966

Der AK überschritt seinen Zenit Ende der sechziger Jahre. Dadurch, dass zahlreiche neue Maschinen für das Tischlerhandwerk konzipiert worden waren, war das primäre Ziel der Rationalisierung des Schreinerhandwerkes erreicht, zumindest war den Betrieben die Möglichkeit zur Rationalisierung geboten (30).
Der AK beschäftigte sich nicht nur mit der Betriebstechnik, sondern auch mit der Raumkonzeption der Betriebe, mit Konzepten für den Arbeitsplatz eines Schreiners, mit der Struktur der Lagerräume für Werkzeuge und Material, mit den Funktionen der Regale , aber auch mit der Farbgestaltung der Wände eines Betriebes, bis hin zu einem Konzept einer funktionalen Arbeitskleidung des modernen Schreiners.
Der AK prüfte auch Vorschläge und die Produktreife von Prototypen, die seitens der Industrie entwickelt wurden.
Zudem setzte er sich mit der Formenlehre auseinander und bewirkte die jährliche Ausstellung "Die Gute Form" von Meisterstücken im LGA aus dem Kammerbezirk Stuttgart, später aus ganz Baden-Württemberg. Die Zielsetzung war, mit beispielhaften Werkstücken stilbildend zu wirken.
Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und der allgemeinen Presse, sowie die zahlreichen Vorträge über die Arbeit des AK der Schreinermeister machten den Verein und H.M., als dessen Vorsitzenden, in der ganzen Welt bekannt. Über die Grenzen der BRD hinaus wurden die Erfolge des AK begrüßt, daraus resultierten zahlreiche Besuche von ausländischen Schreinern, die zum Teil von ihren Landesverbänden und Innungen geschickt wurden. Andererseits wurden auch viele Einladungen an die Mitglieder des AK und vor allem an H.M. ausgesprochen.
So ging der AK 1954 auf Studienfahrt in die Schweiz, 1957 besuchte er Dänemark und Schweden, 1959 Italien, 1960 Paris, 1962 GB, 1964 Schweden und Finnland, 1966 Israel (31).
Als Vorsitzender des AK wurde H.M. bei der Schraubenfirma Würth zum Vorsitzenden des Kundenbeirates gewählt. Dieser Tätigkeit ging H.M. 16 Jahre lang nach, und konnte dabei entscheidend beim Aufstieg des Konzerns mithelfen, z.B. durch das Orsy-System (32).
H.M. war bis 1995 als Vorsitzender des Arbeitskreises tätig, in der Zeitspanne von 1954 bis zu diesem Zeitpunkt hatte der AK über 70 Innovation hervorgebracht. Nachdem H.M. den Vorsitz aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, kam es zu keinen neuen bedeutenden Innovationen oder Aktivitäten. Von da an war der AK nur noch ein "Treffpunkt". Den Vorsitz übernahm Johann Federsel, 2002 wurde er von Reiner Göckele abgelöst. Der AK wurde 2007 mit Zustimmung der Vollversammlung des Vereins aufgelöst und aus dem Vereinsregister gelöscht (33).
Als der Verein noch existierte, fasste H.M. die Glanzzeit des AK mit dem Blick auf die globalen Auswirkungen in einem Aufsatz "Der Stuttgarter Arbeitskreis Schreinermeister e.V." zusammen:

"Die Aktivitäten wirkten sich weltweit aus:
1. Die Produktivität des Schreinerhandwerks wurde durch die von uns entwickelten Betriebsmittel wesentlich gesteigert.
2.
Die Exportchancen der einschlägigen Holzbearbeitungsmaschinenindustrie im Lande wurden damit spürbar beeinflusst.
3. Die Gefahr, zu einem Reparaturhandwerk abzusteigen, wurde gebannt." (34)

Staatsminister. Prof. Dr. Adalbert Seifriz, in dem Hermann Maier immer wieder einen Fürsprecher fand, pflichtete seiner Ansicht bei, dass das Handwerk der Rationalisierung bedürfe. Auf die Frage, ob das Handwerk zum damaligen Zeitpunkt noch bestanden hätte, wenn es nicht den technischen Entwicklungen gefolgt wäre, lautete seine Antwort: "Nein. Das Handwerk wäre heute nicht mehr." (35)
Nach dem Vorbild des Stuttgarter Arbeitskreises Schreinermeister e.V. wurden 60 weitere Arbeitskreise im Handwerk allein in Baden-Württemberg gegründet (36).

13 H.M., "Reisen, Entwicklungen, Innovationen für das Schreinerhandwerk Mai 4", Jahr unbekannt, Archiv Maier
14 Wilhelm Lauber, "Geschichte des Stuttgarter Arbeitskreises Schreinermeister", unveröff., Datum unbekannt, Archiv Maier
15 Wilhelm Lauber, "Geschichte des Stuttgarter Arbeitskreises Schreinermeister", unveröff., Datum unbekannt, Archiv Maier
16 vermutlich Gotthold Kirschmann, "Satzung Stuttgarter AK Schreinermeister", unterz. 11.12.1954
17 H.M. Brief an die Firma C.F. Scheer, 17.06.52
18 vermutlich C.F.Scheer & Cie GmbH+Co.KG Broschüre, mit Notizen von H.M,. "Füge-und Feinschnittmaschine FM8", Datum unbekannt, Archiv Maier
19 Kehrer Brief an H.M. vom 1.3,1983 Btr:"Seit 25 Jahren Holz Her Plattensägen"
20 vgl. http://www.striebig.com/de/wir/wir.html?historie.html ,06.01.2009, 21:07
21 "Arbeitskreise im Handwerk", Handwerks- und Gewerbe-Zeitung, 02.09.54
22 I. mit Hedwig Maier, 07.01.2009
23 -25 I. mit Karin Haarer, 03.01.2009
26-27 Wilhelm Lauber, "Geschichte des Stuttgarter Arbeitskreises Schreinermeister", unveröff., Datum unbekannt, Archiv Maier
28-29 I. mit Ursula Maier, 18.01.2009
30 I. mit Karin Haarer, 03.01.2009
31 Wilhelm Lauber, "Geschichte des Stuttgarter Arbeitskreises Schreinermeister", unveröff., Datum unbekannt, Archiv Maier
32 I. mit Ursula Maier, 18.01.2009
33 I. mit Karin Haarer, 03.01.2009
34 H.M., "Der Stuttgarter Arbeitskreis Schreinermeister e.V.", unveröff., Datum unbekannt, Archiv Maier
35 Adalbert Seifriz, "Handwerk und technische Entwicklung", Datum unbekannt
36 Dr. Karl Reuss, Laudatio Verleihung des Bundesverdienst Kreuz 1. Klasse, 1987, Archiv Maier

 

 

HINTERGRUND ZUR ARBEIT ÜBER HERMANN MAIER
erarbeitet von einem seiner Enkel

Diese Arbeit entstand im Rahmen des Geschichtswettbewerbs des Bundespräsidenten "Helden: verehrt-verkannt-vergessen" der Köberstiftung 2009.

Hermann Maier war Schreinermeister, Erfinder, Visionär, Unternehmensberater, Entwicklungshelfer, Lobbyist des Handwerks und der Holzbearbeitungsmaschinenindustrie. Der schwäbische Schreinermeister und Tüftler war über die Fachkreise der Schreiner hinaus schnell als "Welt-Maier" und "Patent-Maier" (1) bekannt (2).

Ich selbst bin der Enkel von Hermann Maier, den ich kaum noch kannte. Ich war sieben Jahre alt, als er im Alter von 84 Jahren starb. Mein Großvater litt an Parkinson sowie an Demenz, mit zunehmenden Alter verschlechterte sich sein Gesundheitszustand. Ich kann mich nur noch an ihn erinnern, als er schon pflegebedürftig geworden war und nicht einmal mehr engste Familienmitglieder erkennen konnte. Die letzte Erinnerung ist seine Beerdigung im Jahre 1996, als ich ihn aufgebahrt im Sarg liegen sah. Kurzum, ich habe meinen Großvater nie persönlich erlebt, sondern kenne ihn nur aus Erzählungen von verschiedenen Familienmitgliedern, die gewöhnlicher Weise dazu neigen, verwandte Persönlichkeiten zu glorifizieren.

Deshalb habe ich mich entschlossen, die Geschichte meines Großvaters Hermann Maier aufzuarbeiten, um zu erfahren, wer er wirklich war - soweit mir dies möglich ist.

Außerdem beschäftigte ich mich mit diesem Thema, da meine Großmutter Hedwig Maier fürchtet, dass das Lebenswerk ihres Mannes, an dem auch sie entscheidend mitgewirkt hat, sonst in Vergessenheit gerät.

Aus diesem Grund möchte ich ihr diese Arbeit widmen.

 

Hierzu benutzte ich das Archiv meines Großvaters, der schon zu Lebzeiten seine Aufschriebe, Briefe und Zeitungsartikel mit Hilfe seiner Frau und seinen Sekretärinnen archivierte. Ich führte Interviews mit Personen innerhalb und außerhalb der Familie, hier ist unter anderem die langjährige Sekretärin des Arbeitskreises Stuttgarter Schreinermeister, Frau Karin Haarer, zu nennen. Schwierigkeiten machte mir die Arbeit mit Quellen insofern, dass das Archiv Maier nicht sortiert war. Häufig fand ich dieselben Schriften oder auch ähnliche Versionen in großer Zahl immer und immer wieder über mehrere Ordner verteilt. Ein weiteres Problem war, dass die Ordner zwar beschriftet waren, aber der Inhalt nicht der Aufschrift entsprach oder gar mehrere Themen einfach willkürlich hintereinander eingeheftet waren. Dass kein Verzeichnis über das Archiv vorhanden war, erschwerte meine Arbeit weiter. Aus diesem Grund verwendete ich meist Lebensläufe, die Hermann Maier noch selbst verfasst hatte, als Orientierungshilfe und suchte dann nach den entsprechend wichtigen Quellen, um mehr Informationen zu bekommen. Leider waren auch die Lebensläufe inhaltlich unterschiedlich, manche Daten tauchten in dem einen Lebenslauf auf, die in einem anderen nicht zu finden waren. Über manche Themen war es sehr einfach, Informationen zu erhalten, da es zahlreiche Kopien von diesen Quellen gab, bei anderen war es dagegen sehr schwer, da ich keine Unterlagen zu bestimmten Sachverhalten finden konnte oder es nur eine einzige Quelle dazu gab, die wegen den vielen Wiederholungen schwer zu finden war. Oft musste ich hier auf Augenzeugenberichte zurückgreifen, doch über manche Themenbereiche waren auch diese nicht sehr ergiebig(vgl. Demonstrationszug durch Afrika, S. 21). Problematisch waren auch die von einander abweichende Zeitzeugenaussagen, das ich mit dem teilweise hohen Alter der Befragten erkläre.

1) Dr. Karl Reuss, Laudatio Verleihung des Bundesverdienst Kreuz 1. Klasse, 1987, Archiv Maier
2) Interview (I.) mit Elisabeth Schweizer-Maier, 06.01.2009